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Zwischenbericht Pflegebedarfsermittlung: Auf dem Weg zu einem Einheitsinstrument

EHI

Im Januar 2023 informierten wir Sie zum Vorschlag von ARTISET, innerhalb von fünf Jahren interRAI LTCF als nationales Einheitsinstrument (EHI) zur Ermittlung des Pflegebedarfs einzuführen. Dieser Vorschlag stützt sich insbesondere auf die mehrheitliche (70%) Zustimmung der Mitgliederinstitutionen für ein EHI und auf die Vorteile für die Entwicklung einer integrierten Versorgung in der Langzeitpflege. Bis Ende April 2023 konsultierte ARTISET die Gesundheitsdirektorenkonferenz (GDK), die Verbände der Krankenversicherer und senesuisse zu diesem Vorhaben. Gerne orientieren wir Sie mit diesem Schreiben über die Ergebnisse der Konsultation und über die nächsten Schritte.

Fragen und Antworten zum Richtungsentscheid 
Auf dem Weg zu einem Einheitsinstrument «RAI mit Serviceplattform»

Warum wird ein Einheitsinstrument (EHI) für die Pflegebedarfserfassung in der Schweiz angestrebt, was sind die Vorteile?
Ein Einheitsinstrument bietet viele Vorteile: Der Schulungsbedarf für neue Mitarbeitende und die betrieblichen Kosten sinken, Mitarbeitende können flexibler eingesetzt werden, die Prozesse mit den Krankenversicherern sind effizienter, die aufwändige Kalibrierung verschiedener Instrumente fällt weg, die technische Weiterentwicklung kann optimal auf ein Instrument fokussieren und die erhobenen Daten sind einheitlich.

Im Januar 2023 hat ARTISET deshalb den politischen Partnern vorgeschlagen, innert 5 Jahren interRAI LTCF als nationales Einheitsinstrument (EHI) zur Ermittlung des Pflegebedarfs einzuführen. Dieser Vorschlag stützt sich auf die mehrheitliche (70%) Zustimmung der Mitgliederinstitutionen für ein EHI und auf die Vorteile für die Entwicklung einer integrierten Versorgung in der Langzeitpflege. Bis Ende April 2023 konsultierte ARTISET die Gesundheitsdirektorenkonferenz (GDK), die Verbände der Krankenversicherer und senesuisse zu diesem Vorhaben.

Welches sind die Resultate aus der Konsultation der politischen Partner zum EHI?
GDK, Krankenversicherer und senesuisse stimmen in ihren Konsultationsantworten zu, dass sich interRAI LTCF grundsätzlich für ein EHI eignen würde. Sie sind einverstanden, dass nur diese Option für ein EHI weiterverfolgt werden soll. Aus Sicht der befragten Akteure sind jedoch noch nicht alle Voraussetzungen gegeben, um interRAI LTCF bereits als EHI festzulegen. Wichtige Fragestellungen – unter anderem im Zusammenhang mit der Erfassung von komplexen Situationen (namentlich Demenz und Palliative Care), der Dauer und Ausgestaltung einer Übergangsfrist, der Schnittstelle zwischen Betrieben und Krankenversicherern sowie Aspekten des Datenmanagements – sind noch zu klären. Erst wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, kann gemäss Konsultation ein EHI bei den zuständigen Behörden beantragt werden. 

Warum schlägt ARTISET interRAI LTCF als Einheitsinstrument vor? 
Das Instrument RAI-NH wird aktuell von rund 700 Institutionen genutzt, hat sich in der Praxis bestens bewährt und wird neu mit einer benutzerfreundlichen Serviceplattform ergänzt. «interRAI LTCF mit Serviceplattform» erfüllt die Anforderungen an ein einheitliches Instrument für die Pflegebedarfsermittlung im stationären Pflegebereich. Es berücksichtigt die neusten pflegewissenschaftlichen Erkenntnisse und trägt wesentlich zur Pflegequalität bei. 

Auch mit Blick auf die integrierte Versorgung verfügt RAI über viel Potenzial. Spitex Schweiz setzt sich dafür ein, dass in der ambulanten Pflege interRAI-Instrumente zur Bedarfsermittlung zum Einsatz kommen. Es ist ein Vorteil, wenn auch im stationären Langzeitsetting Instrumente aus derselben Instrumentenfamilie angewendet werden. Seitens Spitex Schweiz und ARTISET besteht deshalb ein Interesse, die gemeinsame Weiterentwicklung der RAI-Instrumente für die ambulante und die stationäre Pflege zu prüfen. 

Wann steht das aktuelle RAI-Assessment interRAI LTCF zur Verfügung?
interRAI LTCF steht in der Software RAIsoft.net bereits zur Verfügung. Eine erste technische Voraussetzung für die Einführung bei den interessierten RAI-Kunden ist daher der Wechsel von der alten RAI-Client-Software auf die aktuelle Softwarelösung RAIsoft.net. BESA-Kunden führen beim Wechsel zu RAI direkt RAIsoft.net ein und können damit interRAI LTCF nutzen.
Eine zweite Voraussetzung ist die kantonale Zulassung von interRAI LTCF, diese besteht per 1. Juli 2023 in den Kantonen Zürich, Zug, St. Gallen, Aargau und Basel-Land. Auf den 1. Januar 2024 geplant ist die Zulassung in den Kantonen Bern und Fribourg, weitere Kantone planen die Zulassung noch ohne Angabe von konkreten Terminen.
Nicht eine Voraussetzung aber bei der Einführungsplanung von interRAI LTCF zu berücksichtigen ist der individuelle Bedarf der Kunden an Schnittstellen zu Admin-Systemen und Pflegedok-Systemen. Aktuell werden Schnittstellen mit ersten Partnern (Admin-Systemen) pilotiert und anschliessend allen interessierten Softwarepartnern zur Verfügung gestellt. Die Verfügbarkeit der Schnittstellen ist daher auch abhängig von der technischen Umsetzung bei den Softwarepartnern, eine Realisierung der Schnittstellen bis spätestens Anfang 2024 erscheint realistisch.

Was bedeutet «interRAI LTCF Serviceplattform»?
Informationen zum RAI-System (interRAI LTCF), zur Software (RAIsoft.net) und zur geplanten Serviceplattform finden Sie → hier.

Warum spricht man derzeit von einem Vorschlag für ein Einheitsinstrument «interRAI LTCF mit Serviceplattform» und nicht von einer Entscheidung dafür? 
Die definitive Entscheidung wird nicht durch ARTISET gefällt, sondern durch die Behörden, daher handelt es sich derzeit um einen «Vorschlag» seitens ARTISET und dem Verwaltungsrat von BESA QSys. 

Wie sehen die nächsten Schritte von ARTISET und BESA QSys aus?
Gestützt auf die Konsultation entschieden GDK, Krankenversicherer, senesuisse und ARTISET, eine gemeinsame, aus Expert/-innen bestehende Arbeitsgruppe zur Prüfung der offenen Punkte einzusetzen. Diese wird auch klären, welche Anforderungen zwingend vor der Einführung eines EHI erfüllt sein müssten und welche danach umgesetzt werden könnten. Die beteiligten Akteure wollen das Mandat für die Arbeitsgruppe und den Zeitplan für die nächsten Schritte nach der Sommerpause vereinbaren. Die ursprüngliche Planung, welche einen Behördenentscheid im Sommer 2023 als möglich erachtete, erfährt eine Verzögerung.
Gemäss aktueller Rechtsprechung des Bundesgerichts können die Kantone entscheiden, welche Bedarfsermittlungsinstrumente sie zulassen. Diese Rechtslage bleibt bis zur allfälligen Einführung eines Einheitsinstruments unverändert. Gewisse Kantone haben Interesse an der Einführung von interRAI LTCF als alleiniges Instrument auf kantonaler Ebene signalisiert. Bei allfälligen Verhandlungen zu einem solchen kantonalen Entscheid wird ARTISET das betroffene kantonale Kollektivmitglied bei Bedarf unterstützen. Für die Einführung von interRAI LTCF in den Betrieben ist BESA QSys zuständig.
Parallel zu diesen Arbeiten werden ARTISET und Spitex Schweiz die Idee eines Kompetenzzentrums interRAI für die integrierte Versorgung ambulant/stationär in der Schweiz nun vertieft prüfen.
BESA QSys plant die angekündigte RAI-Serviceplattform nach weiteren technischen und konzeptionellen Abklärungen mit Partnern und Kunden schrittweise zu realisieren.

Was bedeutet die mögliche Einführung eines Einheitsinstruments für mich als BESA-Kunde/-in? Muss ich derzeit etwas unternehmen? 
Sofern Ihr Kanton keinen neuen Entscheid zu interRAI LTCF als alleiniges, kantonales Instrument fällt, besteht zum aktuellen Zeitpunkt kein Handlungsbedarf. Wie erwähnt wird die mögliche Einführung eines nationalen EHI interRAI LTCF nun durch eine Arbeitsgruppe diskutiert und vorangetrieben. Zurzeit ist noch unklar, bis wann ein nationaler Entscheid realistisch ist. Gerne werden wir Sie zum weiteren Vorgehen auf dem Laufenden halten.
In Kantonen, in welchen Wahlfreiheit zwischen BESA und RAI besteht, ist ein Wechsel von BESA zu RAI jederzeit möglich. Wir empfehlen den interessierten Institutionen in diesem Fall direkt auf die neue RAI-Version interRAI LTCF umzustellen. Sie ist in einigen Kantonen bereits zugelassen, etliche Kantone planen die Zulassung auf den 1. Januar 2024 (siehe dazu die Antwort auf die Frage der Verfügbarkeit von interRAI LTCF).

Was bedeutet die Aussage, die Weiterentwicklung des BESA-Systems sei sistiert? Ist für mich als BESA-Kunde/-in mit der Zeit der Support nicht mehr gewährleistet oder das BESA-System nicht mehr im Funktionsumfang von heute nutzbar?
Aufgrund des grundsätzlichen Konsenses der politischen Partner, die Option interRAI LTCF als Einheitsinstrument weiterzuverfolgen, wird die Weiterentwicklung des BESA-Systems sistiert. Dies bedeutet, dass keine neuen Module (erweiterte Funktionen) oder eine nächste BESA-Softwareversion (Upgrade) entwickelt werden.
Die Wartung und der Support des BESA-Systems werden während der nächsten fünf Jahre sichergestellt. Zur Wartung gehören alle notwendigen Entwicklungen, um den heutigen Funktionsumfang sicherzustellen (Updates). Anlässe für Updates sind oft technische Anforderungen oder angepasste gesetzliche Anforderungen (ein Beispiel wäre die Einführung von weiteren medizinischen Qualitätsindikatoren durch das BAG).
Die Sistierung von Weiterentwicklungen betrifft nicht BESAdoc, die Pflegedokumentation wird stetig weiterentwickelt (siehe nachfolgend).

Was bedeutet die Entscheidung interRAI LTCF mit Serviceplattform schrittweise zu realisieren für mich als Kunde/-in mit der Pflegedokumentation BESAdoc?
Die Pflegedokumentation BESAdoc und das Heiminformationssystem BESAdoc plus beruhen auf der bewährten Lösung Carefolio LongTerm (ehemals SIEMS) von Tecost aus Fribourg, in welche die BESA-Module integriert wurden. Bereits heute arbeiten zahlreiche Institutionen mit RAI und Carefolio LongTerm, unter anderem in den Kantonen Bern, Freiburg und Tessin.
Kunden mit BESAdoc haben daher bei einem Wechsel von BESA zu interRAI LTCF die Möglichkeit, ihre Pflegedokumentation ohne BESA Module als Carefolio LongTerm mit RAI weiter zu nutzen. Ausserdem stehen für die integrierte Versorgung verschiedene weitere Systeme aus der Carefolio Familie zur Verfügung, wie beispielsweise Carefolio AtHome für den Spitexbereich.
Um die Zukunftssicherheit unserer Pflegedokumentation BESAdoc mit interRAI LTCF zu betonen, planen wir schrittweise den Namen von BESAdoc zu Carefolio zu ändern. Für die BESAdoc-Kunden ändert mit dem Namenswechsel nichts. Der Name ändert sich, die Qualität bleibt. 

Was bedeutet eine Umstellung auf RAI für mich als BESA-Kunde/-in aus finanzieller Sicht?  
Die einmaligen Kosten bei der Umstellung von BESA 5 auf RAIsoft.net belaufen sich derzeit für einen BESA-Kunden mit 50 Betten auf rund CHF 7’100.-, der Schulungsaufwand beträgt rund CHF 7’100.00.- (Besuch öffentlicher Schulungen). Die jährlichen Kosten von RAIsoft.net betragen rund CHF 3’900.- (inkl. Schnittstellen Admin-System, QI/Datapool, Hosting und Dienstleistungsabo).
Die einmaligen Kosten für einen BESA-Kunden mit 100 Betten mit zusätzlich der Schnittstelle ins Pflegedok-System belaufen sich auf rund CHF 11’300.-, der Schulungsaufwand beträgt rund 10’200.- (Schulungen institutionsintern). Die jährlichen Kosten von RAIsoft.net betragen rund CHF 5’900.-.
Mit den Kantonen, in denen RAI heute nicht im Einsatz ist, wird ARTISET in Absprache mit ihren kantonalen Kollektivmitgliedern möglichst schlanke und finanziell tragbare Lösungen für die Umsetzung des Einheitsinstruments suchen.

Bedeutet eine Umstellung auf RAI, dass sich die Pflegestufen und damit die Finanzierung der BESA-Institutionen ändert?
Der BESA LK2020 und der RAI CH-Index 2016 wurden beide mit CURAtime-Zeitstudien geeicht, daher sind im Durchschnitt keine Veränderungen zu erwarten.
Für einzelne (insbesondere kleinere) Institutionen ist nicht auszuschliessen, dass aufgrund einer bestimmten Zusammensetzung der Bewohnenden die Finanzierung steigen oder sinken kann. 

Was ist mit den Institutionen, welche heute PLAISIR nutzen?
Die Situation der Institutionen in PLAISIR-Kantonen wird von ARTISET besonders berücksichtigt. ARTISET führt entsprechend Gespräche mit diesen Kantonen und den jeweiligen Kollektivmitgliedern.

Was bedeutet die Umstellung für mich als RAI-NH-Kunde/-in? 
Voraussetzung für die Nutzung von «RAI mit Serviceplattform» ist der Wechsel vom heutigen Assessment RAI-NH, auf interRAI LTCF (mit RAIsoft.net als moderne Softwarelösung). Die alte Client-Version von RAIsoft LTC wird noch bis Ende 2023 unterstützt, für ePDoc Kunden bis Ende 2024. 

Die Nutzung der geplanten RAI → Serviceplattform soll den Pflegeinstitutionen einen Mehrwert gegenüber der heutigen Anwendung des RAI-Instruments bieten.

Welche Vorteile bietet die webbasierte Softwarelösung RAIsoft.net?
Die webbasierten Softwarelösung RAIsoft.net, welche die derzeit lokal installierte Client-Version von RAIsoft LTC bis Ende 2023 (für ePDoc Kunden bis 2024) ablöst, kann papierlos und von beliebigen, webfähigen Geräten wie PCs, Notebooks, Tablets oder Smartphones auf das Instrument interRAI LTCF zur Pflegebedarfsermittlung zugegriffen werden. RAIsoft.net wird als «Software as a Service (SaaS)» zentral bereitgestellt. Der Vorteil dieser Bereitstellungsart ist, dass RAIsoft.net beliebig skalierbar ist und zum Fixpreis betrieben, gewartet und weiterentwickelt wird. RAIsoft.net bietet zudem eine standardisierte API-Schnittstelle (Application Programming Interface) zum Datenaustausch mit Drittanwendungen, welche z.B. für den Aufruf von interRAI LTCF aus der Pflegedokumentation verwendet werden kann.

Welche finanziellen Auswirkungen hat ein Wechsel von RAI-NH auf interRAI LTCF?
Die durchschnittlichen Pflegestufen verändern sich mit der Einführung von interRAI LTCF kaum, die Abweichung des CH-Index 2016 LTCF vom CH-Index 2016 beträgt im Durchschnitt weniger als 1%.

Wieso schlagen ARTISET und der Verwaltungsrat von BESA QSys nicht BESA als Einheitsinstrument vor?
Beide Systeme, RAI und BESA, haben sich für die Pflegebedarfsermittlung etabliert. Es ist daher keine Entscheidung «gegen BESA», sondern «für RAI». Siehe dazu die Antwort auf die Frage, wieso ARTISET interRAI LTCF als Einheitsinstrument vorgeschlagen hat.

Ist ein Wechsel auf den BESA LK2020 für mich als BESA-Kunde/-in trotzdem sinnvoll? 
Ja, für Institutionen, die mit dem BESA-System arbeiten, empfiehlt BESA QSys den zeitnahen Wechsel auf den BESA LK2020. Dieser wurde entwickelt, um die in KLV 8b formulierten Anforderungen zu erfüllen. Mit Ablauf der Übergangsfrist dieser KLV-Änderung Ende 2023, sollten die Umstellung auf den BESA LK2020 in allen Institutionen, die mit dem BESA-System arbeiten, abgeschlossen sein.

An wen wende ich mich bei Fragen?
Bei Fragen rund um das angestrebte Einheitsinstrument steht Ihnen das Team von BESA QSys gerne zur Verfügung.
Bitte wenden Sie sich an: info@besaqsys.ch